AQL-Prüfung in der Bekleidung

 In Prozessoptimierung

Die AQL-Prüfung in der Bekleidungsindustrie ist weit verbreitet. Nicht immer trifft man die AQL-Kontrolle so an, dass man von einem funktionierenden System sprechen kann. So führen Fehler in der AQL Definition oder in der Bewertung teilweise zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen. Die Folge ist oft eine lange Diskussion zwischen den Verantwortlichen oder zu viele inakzeptable Teile im Handel als gewünscht.

In diesem Blog möchte ich in einfacher Weise darstellen, wie die AQL funktioniert und wie sie zu einem effektiven Handwerkzeug in der Beschaffungskette wird. Die Beschreibung lehnt sich an die ISO 2859 (Einfache Prüfung Zählend) an.

AQL-Prüfung „Was ist das?“

Das größte Missverständnis bei der AQL-Prüfung ist die Annahme, dass es sich bei der AQL um eine Prüfung handelt. AQL ist eine statistische Methode, die notwendigen Prüfmengen zu bestimmen und diese anhand der bewerteten Einzelteile statistisch zu bewerten. Die eigentliche technische und optische Prüfung ist durch die AQL nicht definiert.

Sie wurde entwickelt, um die Qualität von großen Produktionschargen zu prüfen. In der reinen Form ist die AQL auch lediglich eine Methode, die nur ein Qualitätsmerkmal statistisch beschreibt. Es wird anhand von statistisch Grenzwerten ermittelt, ob die Menge an feherhaften Teilen einen festgelegten Anteil nicht überschreitet. Ist dieser überschritten, dann ist das Prüflots abzulehnen.

In der Bekleidungsindustrie wird eine solche Methode für viele Merkmale an einem Teil genutzt. Infolgedessen ergeben sich Bedingungen die im Vorfeld einer AQL gestützten Warenannahme geklärt und festgelegt sein müssen.

Was ist bei der AQL grundsätzlich zu beachten?

In der Fashion Industrie wird die Wareneingangs- oder Zwischenprüfung (QC Quality Control) gerne auf der statistischen Methode basierend durchgeführt.

Folgende grundlegende Definitionen müssen hierbei beachtet werden:

  • Festlegung der Prüfmenge in einer Anlieferung anhand der AQL Tabelle
  • Festlegung der Prüfschärfe zur Bestimmung der Annahme oder Ablehnung anhand der AQL-Tabelle
  • Definition für die Kriterien zur 1. oder 2. Wahl bzw. kritische und unkritische Fehler
  • Defintition notwendiger Toleranzen, insbesondere bei messbaren Parametern

Die Regeln einer AQL-Prüfung beziehen sich auf einen statistischen Zusammenhang zwischen der wahrscheinlichen Verteilung der zu erwartenden 2. Wahl und wie man diese Wahrscheinlichkeit gezielt herstellen kann. Das fängt schon bei der Auswahl der zu prüfenden Teile an.

Wann ist Ware 1. oder 2. Wahl?

Als Erstes ist sicherzustellen, was für ein Unternehmen überhaupt 1. Wahl und 2. Wahl ist. Auf den ersten Blick scheint es einfach zu sein. Es zeigt sich dann häufig, dass ist in Unternehmen die größte Diskussion zwischen Technik und dem Vertrieb zu entfacht werden. Ohne eine ausgereifte und im Unternehmen anerkannte Definition der Qualitätsmerkmale kann ein Ergebnis einer AQL-Prüfung nicht relevant sein.

Einige Unternehmen definieren nicht 1. Wahl oder 2. Wahl als Ergebnis einer Qualtiätskontrolle, sondern „kritische“ oder „nicht kritische“ Fehler und zählen auch diese. Es sollte gut überlegt werden, ob dies den Kundenanforderungen wirklich entspricht. Ich halte die 1. Wahl 2. Wahl Einteilung für kundenfreundlicher, da der Kunde am Ende gemäß dieser Vorgehensweise auch entscheidet. Ziel ist es ja ein Produkt in den Markt zu bringen, dass dem Kunden gefällt.

Zu der Definition der 1. und 2. Wahl zählt des weiteren die Klärung möglicher Grauzonen. Fehlerdarstellungen und deren Ausprägungen lassen sich am einfachsten über Bilder darstellen. Bei Messungen sind realistische Toleranzen festzulegen.

Diese sind für den Prüfer so aufzubereiten, dass er schnell und einfach entscheiden kann, ob ein erkannter Fehler in einem Teil zur zweiten Wahl führt.

Was ist ein Prüfniveau?

Ein Prüfniveau ist die Definition der Menge an Ware, die zufällig aus einer Anlieferung für die Prüfung zu entnehmen ist. Hier gibt es in der Vorschrift verschiedene Niveaustufen. Von den vorgegebenen Prüfniveaus sind für die Bekleidungsindustrie die I – III relevant. Die Sonderbereiche sind für extrem große Lots vorgesehen, die es in der Bekleidungsindustrie kaum gibt.

Die Entnahme dieser Mengen ist mathematisch statistisch berechnet. Individuelle Änderungen verfälschen die Aussage der AQL-Kontrolle in unterschiedlicher Richtung. Aus diesem Grund sollte hier auch keine individuelle Anpassung vorgenommen werden.

Was ist die Prüfschärfe?

Die Prüfschärfe beschreibt die sogenannte „Annahmezahl“ beziehungsweise „Rückweisungszahl“. Entspricht die Annahmezahl 4, dann dürfen in der Prüfmenge bis zu 4 Teile 2. Wahl sein. Ab dem 5ten Teil ist die Anlieferung somit zurückzuweisen. Die Prüfschärfe und das Prüfniveau zusammen, sind entscheidend für den akzeptierten prozentualen Anteil 2. Wahl in der Gesamtmenge. Die statistischen Werte kann man aus der AQL Tabelle 3 entnehmen.

Was ist eine zufällige Entnahme?

Die sogenannte „zufällige Entnahme“ bedingt, dass der Prüfer ohne Vorgabe Teile aus der Anlieferung entnimmt. Zufällig ist es dann, wenn man grundsätzlich viele Möglichkeiten hat und davon eine ungezielt und unbewusst auswählt.

Eingeschränkt wird diese Zufälligkeit durch feste Regeln.

  • jede Farbe muss geprüft werden
  • jede Größe muss geprüft werden oder sogar anteilig an der Gesamtmenge
  • ….

All diese Eingrenzungen reduzieren die Grundmenge und folglich auch die Zufälligkeit der Entnahme. Wird diese nicht berücksichtigt, kann es zu einem statistisch ungenauen Ergebnis führen. Inwieweit man die Zufälligkeit demnach einschränken kann, ist eine Frage die jedes Unternehmen für sich im Vorfeld bewerten sollte. Es ist zu empfehlen möglichst wenig Einschränkungen bei einer AQL-Kontrolle vorzugeben.

Wie wird die AQL interpretiert und bewertet?

Die AQL-Kontrolle hat eine vorgegebene statistisch bewiesene Bewertung. Es gibt nur zwei mögliche Ergebnisse: „Annahme“ oder „Rückweisung“. Unter der Voraussetzung das die Grundlagen für diese Methode richtig gelegt wurden, kann man auch die Anlieferung nach der Methode entscheiden.

In diesem Fall ist zu bedenken, das es sich hier um eine quantitative Bewertung von qualifizierten Teilen handelt. Wer kaufmännische oder vertriebliche Bedingungen mit einfließen lassen will, der kann im Anschluss an die qualitative Bewertung Entscheiden. Diese Entscheidung hat aber keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis der AQL.

Wer später die Leistungsfähigkeit oder die Entwicklung seiner Produzenten messen will, sollte an dieser Stelle besonders aufpassen. Wenn qualitative und kaufmännische Entscheidungen vermischt werden, sind die Daten nicht mehr für eine Bewertung des Produzenten zu gebrauchen.

Welche Fehler kann man bei AQL machen?

Generell haben Fehler bei der AQL eine deutliche Auswirkung auf das Ergebnis. Die nachfolgende Aufstellung berücksichtigt die häufigsten Fehler die bei der AQL-Kontrolle vorkommen.

„Es ist doch nur ein Teil zu viel“

Ein Teil zu viel das in der AQL-Kontrolle als 2. Wahl gewertet wurde, kann je nach Prüfniveau und Prüfschärfe einen 2. Wahl Anteil von + 4% oder sogar mehr entstehen. Wer das akzeptiert, der kann so entscheiden. Doch man muss sich fragen, weshalb hat man dann die Grenzen festgelegt.

„Die Toleranz ist doch zu gering“

Bei bestimmten Artikel kann es vorkommen, dass die Toleranzen für bestimmte Parameter zu gering angesetzt wurden. Ein Beispiel ist es bei offener Wirkware, wenn diese hängend kommt und die Länge dann + Werte aufweist. Wer das so sieht und nur längere Werte findet und keine Werte, die in die – Toleranz gehen, der kann entscheiden. Aber Achtung: „Wird hier wirklich aus technischer Sicht entschieden?“

„Wir sollten noch mehr prüfen“

Es ist ein Trugschluss wenn man glaubt, eine Anlieferung würde besser, wenn man die Menge in der AQL-Kontrolle erhöht. Wenn es Sinn machen soll, dann muss die doppelte Menge geprüft werden (Prüfniveau * 2) mit einem schärferen Filter. Das entspricht der AQL mit doppelter Stichprobe. Nur diese bringt dann die Sicherheit die wohl im ersten Schritt fehlte. darüber hinaus hilft nur eine Vollkontrolle mit Aussortierung der 2. Wahl.

„Der Prüfer hat doch viel zu eng bewertet“

Das ist ein grundsätzliches Thema. Wenn der Prüfer in unterschiedlichen Partien immer zu eng bewertet, dann ist eine Nachschulung notwendig. Auf eine Prüfung bezogen sollte dies nie der Grund sein eine Partie freizugeben. Es gibt dabei nur eine logische Ausnahme. Eine Fehlerart macht alle oder den Großteil der Abweichungen aus. Damit ist die Bewertung der Einzelteile falsch und dann, kann man eingreifen. Aber bitte nicht um einen von 4 oder 5 Fehlern zu eliminieren.

„Ein Fleck ist doch eine Ausnahme“

Es wird auch gerne gesagt, dass wenn eine Partie viele einzelne unterschiedliche Fehlerarten hat, das dies ja kein „Serienfehler“ ist. In dem Fall ist der Sinn der AQL sofort nichtig. Die AQL sagt aus, wie viele Teile einer Partie wahrscheinlich 2. Wahl sind. Dabei ist es unerheblich ob ein Loch nur in einem Teil oder auch in zwei Teilen vorgekommen ist. Jedes Teil ist und bleibt dann 2. Wahl.

Wer eine AQL-Prüfung im Haus hat, sollte diese regelmäßig auf die relevanten Parameter überprüfen. Ggf. ist auch eine externe und neutrale Überprüfung sinnvoll. Diese kann dann Anregungen geben, an welcher Stelle nachgebessert werden muss.

Oft kann eine bestehende und gut aufgebaute AQL schon im Herkunftsland funktionieren und teure Prüfungen in Deutschland vermeiden.

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